Postkolonial, Postsozialistisch, PostOst – Erinnern in, über und mit Ost- und Südosteuropa
Schon heute können wir mit großer Gewissheit sagen, dass der 24. Februar 2022 als Erinnerungsort in die Geschichte eingehen wird. Seit der russischen Annexion der Krim und schließlich dem Angriffskrieg auf die Gesamtukraine ist die Frage nach Krieg und Frieden und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt in Europa präsenter denn je. Was in diesen Tagen auch die Osteuropaforschung besonders umtreibt und über Nacht ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt hat, bestimmt spätestens seit 1989 die Diskussionen innerhalb des Faches: die Auswirkungen des imperialen/kolonialen Erbes sowie der Nationsbildungsprozesse im postsozialistischen Raum. Mit dem gewaltvollen Zerfall Jugoslawiens begann eine Transformationszeit, die in vielerlei Hinsicht den aktuellen Ereignissen und Prozessen im postsowjetischen Raum ähnelt. Diese unterschiedlichen und mitunter verwandten Entwicklungsbahnen werde ich in meinem Vortrag im Sinne eines thinking between the posts, also einer Situierung der Geschichte Ost- und Südosteuropas in ihren (post)imperialen, (post)kolonialen, (post)sozialistischen und postmigrantischen Verflechtungen nachspüren und danach fragen, wie ein Erinnern mit, in und über den Raum gegenwärtig und zukünftig aussehen kann.
Dr. Elisa Satjukow ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Ost- und Südosteuropäische Geschichte am Historischen Seminar der Universität Leipzig.