Vortrag

Das römische Erbe an der unteren Donau zwischen Forschung und geschichtspolitischer Instrumentalisierung

Robert Born, Oldenburg

    Der Nachweis einer tief in der Geschichte verankerten staatlichen Tradition ist ein zentraler Bestandteil nationaler Meistererzählungen und der staatlichen Repräsentation in Ostmittel- und Südosteuropa. Die Antike stellte dabei vor allem in südosteuropäischen Staaten einen wichtigen Bezugspunkt dar.

    Die Erklärung hierfür ist in der besonderen Ausprägung des Ethno-Nationalismus in dieser Region zu suchen. Die Betonung der Ureinwohnerschaft und durchgehenden Siedlungskontinuität bilden gewichtige Argumente, um politische Ansprüche historisch zu untermauern. Folglich entwickelte sich neben der Geschichtsschreibung die Archäologie zu einer Schlüsselwissenschaft im Prozess des Nation-Building. In dem Vortrag sollen am Fallbeispiel Rumänien die Konstanten und Variationen des Rekurses auf die Antike im langen 20. Jahrhundert vorgestellt werden. Der besondere Fokus liegt dabei auf den unterschiedlichen Initiativen zur Rekonstruktion des von Kaiser Trajan um 108/109 n. Chr. errichteten Siegesdenkmals in Adamclisi und der Inszenierungen der Abgüsse der Trajansäule in Rom, die beide als wichtigste Dokumente der Ethnogenese des rumänischen Volkes gelten.

    Robert Born ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesinstitut für die Kultur und Geschichte der Deutschen in Ostmitteleuropa (BKGE) in Oldenburg. Er hat in Basel und Berlin Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Osteuropäische Geschichte studiert. Im Jahr 2007 wurde er mit der Arbeit „Die Christianisierung der Städte der Provinz Scythia Minor. Eine Untersuchung zum spätantiken Urbanismus im südosteuropäischen Kontext“ promoviert. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen u.a. Interethnische und -konfessionelle Austauschprozesse in Ostmittel- und Südosteuropa und deren Reflexe in den Bildkünsten und der Architektur zwischen dem 15. und 20. Jahrhundert und Geschichtskonstruktionen und deren Visualisierung in Ostmittel- und Südosteuropa im 19. und 20. Jahrhundert. Aus der Vielzahl an Publikationen seien hier die mitherausgegebenen Werke erwähnt: Apologeten der Vernichtung oder „Kunstschützer“? Kunsthistoriker der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg (2017); Orientalismen in Ostmitteleuropa. Wahrnehmung und Deutung der außereuropäischen Welt im langen 19. Jahrhundert. Diskurse, Akteure und Disziplinen vom 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg (2014).

    Am 08.11.2022, 18:15 h

    Venue: Online

    Mainz BranchHistory

    In Kooperation mit: