Die Türkei vor den Wahlen – Richtungsentscheidung am Bosporus?
Die Türkei hat in den letzten Jahren für viele Schlagzeilen auch in Deutschland gesorgt. Ihre außenpolitischen Rollen sind dabei breit gefächert und oft auch widersprüchlich, vom unbequemen NATO-Partner, als Vermittler im Ukrainekonflikt, als militärischer Akteur im Nahen Osten und Afrika, oder als Waffenlieferant an die Ukraine. Innenpolitisch waren die letzten Jahre durch eine weitere Personalisierung und Stärkung autoritärer Praktiken geprägt, auch wenn die Machtbasis der regierenden AKP vermehrt Risse zeigt. Die sich immer mehr verschlechternde wirtschaftliche Lage hat Präsident und Regierung zusätzlich unter Druck gesetzt.
Das Jahr 2023, in dem sich die Gründung der türkischen Republik zum hundertsten Mal jährt, zeigt sich nun in mehrfacher Hinsicht als Schicksalsjahr für das Land am Bosporus: Im Februar wurde der Süden der Türkei von einem Erdbeben nie dagewesenen Ausmaßes erschüttert, mit zehntausenden Toten, über 100.000 Verletzten und insgesamt Millionen Betroffenen. Gleichzeitig erlebt das Land eine extreme Inflation, die Regierung verfolgt eine sehr ungewöhnliche Wirtschaftspolitik und sieht sich erstmals seit langem einer vereinten Opposition gegenüber. Laut jüngsten Umfragen hat die Opposition erstmals seit langem eine Chance, Wahlen auf nationaler Ebene zu gewinnen. Gleichzeitig hat sich Präsident Erdogan in der Vergangenheit auch in scheinbar ausweglosen Situationen immer wieder als erfolgreicher Wahlkämpfer bewiesen.
Vor diesem Hintergrund wollen wir nur wenige Tage vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen mit unserem Panel die aktuelle politische Lage in der Türkei analysieren und diskutieren, welche Chancen die konkurrierenden Lager auf einen Wahlsieg haben und was diese Chancen am stärksten beeinflusst, sowie was ein Wahlsieg des Regierungs- oder des Oppositionslagers für die weitere politische Entwicklung der Türkei, ihre Außenpolitik und besonders die Beziehungen zur Europäischen Union bedeuten würde.
Im Panel diskutieren
- Dr. Sinem Adar, Center for Applied Turkey Studies (CATS) an der Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin
- Dr. Jens Bastian, Center for Applied Turkey Studies (CATS) an der Stiftung Wissenschaft und Politik und Mitglied im Präsidium der Südosteuropa-Gesellschaft, Berlin
- Prof. Dr. Burak Çopur, IU Internationale Hochschule, Essen / Institut für Turkistik der Universität Duisburg-Essen
Moderation
Dr. Christian Hagemann, Geschäftsführer der Südosteuropa-Gesellschaft, München