Vortrag

Klima, Corona, Krieg. Wie Katastroph(ism)en die area studies verändern

Prof. Dr. Klaus Buchenau, Universität Regensburg

    Unsere liberale Gesellschaft ist sich selbst unähnlich geworden - auch durch eine dichte Abfolge schwerer Krisen. Die Anschläge des 11. September 2001, die Finanzkrise seit 2008, die Flüchtlingskrise von 2015-16, die Coronapandemie seit 2020 und der Ukrainekrieg seit Februar diesen Jahres senden immer neue Signale des Notstands; hinzu kommt, als langfristiges und alles überwölbendes Problem, die Klimaerwärmung und der Kampf dagegen. So wie sich die Gesellschaft durch sich häufende Appelle zu Solidarität und Leidensbereitschaft verändert hat, so sind auch die Universitäten nicht mehr dieselben: Sie werden zunehmend in die Pflicht genommen, ihren Beitrag zur Krisenbewältigung zu leisten. Das mag angesichts der Finanzierung aus öffentlichen Mitteln legitim sein, darf aber nicht dazu führen, dass wissenschaftliche Expertise zur Legitimation enger politischer Agenden instrumentalisiert wird. In diesem Fall droht die intellektuelle Neugier zu erlahmen, die Wissenschaftsfreiheit leidet, und es kommt zu einer inneren Polarisierung in Einverstandene und Nicht-Einverstandene, die das universitäre Klima belasten. Der Vortrag ist gedacht als Aufforderung, die Risiken eines permanenten Krisenmodus für Lehre und Forschung zu reflektieren und durch ein klassisches Heilmittel gegenzusteuern: den rationalen, intellektuell transparenten, möglichst herrschaftsfreien Austausch von Argumenten. 

    Klaus Buchenau ist Professor für Geschichte Südost- und Osteuropas an der Universität Regensburg (als Vertreter von Prof. Ulf Brunnbauer seit 2013). Nach zwei Semestern Humanmedizin wandte sich der Wahlberliner kurz vor dem Mauerfall den Fächern Geschichte und Slawistik zu. Studium und wissenschaftliche Ausbildung führten ihn von Berlin nach Russland, Polen, in die Ukraine, nach Tschechien und immer wieder in das ehemalige Jugoslawien. Den Beginn seines wissenschaftlichen Weges widmete er zunächst der Soziolinguistik, dann der Religionsgeschichte des östlichen Europas. Unter dem Eindruck der Finanzkrise seit 2008 justierte er seine Forschungsinteressen neu in Richtung Ressourcenverteilung, Staatsmisstrauen und Geschichte der Korruption.  

    Am 22.07.2022, 10:00 Uhr

    Ort: Uni Regensburg, H 24

    ZS Regensburg