Geschichte der SOG

Die Südosteuropa-Gesellschaft mit Sitz in München wurde 1952 gegründet.

Unterzeichner der ersten Satzung der Südosteuropa-Gesellschaft im Jahr 1952.
Unterzeichner der ersten Satzung der Südosteuropa-Gesellschaft im Jahr 1952.
Dr. Walter Althammer
Dr. Walter Althammer

Die Gründungsmitglieder der Südosteuropa-Gesellschaft waren Prof. Dr. Fritz Valjavec, Prof. Dr. Harold Steinacker, Dr. Boris Tschoban, Dr. Franz H. Riedl, Prof. Dr. Josef Matl, Franz Hamm, Prof. Dr. Johann W. Mannhardt, Dr. Hermann Maurer, Msgr. Albert Büttner, Karl August Fischer, Prof. Dr. Hans Koch, Hans Hartl und Prof. Dr. Hans Übersberger.

Als Vorstand fungierte in den ersten Jahren (bis 1957) Prof. Dr. Fritz Valjavec. Erster Präsident war Prof. Dr. Wilhelm Gülich von 1958 bis zu seinem Tod 1960. Ihm folgte Dr. Rudolf Vogel (Amtszeit 1960-1965). Als Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied übernahm RA Dr. Theodor von Uzorinac-Koháry von 1959 bis zu seinem Tod 1967 als erster die – seinerzeit ehrenamtliche – Geschäftsführung des Vereins.

Die operative Arbeit der Südosteuropa-Gesellschaft begann 1955. Ab 1960 beschloss man, sich den Zielen “Frieden und Versöhnung” zu widmen und mit den Partnerländern über den “Eisernen Vorhang” hinweg auch in den Zeiten des Kalten Krieges möglichst eng zusammen zu arbeiten und wissenschaftlich auszutauschen. Als Mittlerorganisation im Rahmen einer “Dritten Säule” der deutschen Außenpolitik erhielt die SOG bereits in den 1960er Jahren institutionelle Zuwendungen des Auswärtigen Amts. Prägende Persönlichkeit als Präsident der SOG war seit 1965 bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2000 der Bundestagsabgeordnete Dr. Walter Althammer.

Als sich 1989 die Blockbildung in Europa auflöste, verfügte die SOG bereits über ein umfangreiches Veranstaltungs- und Publikationsprogramm, das in der Folge besonders von den Themen der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Umgestaltung in den ehemals sozialistischen Ländern geprägt wurde. Die Folgen der jugoslawischen Teilungen und Kriege führten zu einer immer intensiveren und aktuelleren Ausrichtung der operativen Arbeit der SOG.

In einem Grußwort zur 50-Jahr-Feier der Südosteuropa-Gesellschaft 2002 stellte der damalige Bundesaußenminister Joschka Fischer die Bedeutung der SOG wie folgt heraus:

“Über ein halbes Jahrhundert hat die Südosteuropa-Gesellschaft es verstanden, politische und persönliche Brücken zu bauen zwischen Deutschland und seinen südosteuropäischen Nachbarn: Als Forum des Dialogs, als Impulsgeber für regionale Zusammenarbeit und als Ideengeber der deutschen Politik. (...)” Joschka Fischer

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In Südosteuropa standen in den 1990er Jahren sowie im ersten Jahrzehnt des neuen Milleniums Fragen von Konfliktlösung, die Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft sowie von europäischer Integration im Zentrum. Entsprechend konzentrierte sich die Arbeit der SOG auf diese Zukunftsfragen. Heute ist unsere Arbeit noch breiter gefächert und umfasst auch Fragen der Migration und der demografischen Krise, des Klimawandels und des Umweltschutzes sowie der Desinformation und des Einflusses autoritärer Großmächte in der Region. Die SOG etablierte sich als zunehmend wichtige Institution an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Medien in Bezug auf die Region Südosteuropa. Von 2000 bis Anfang 2020 prägte der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. h.c. Gernot Erler als Präsident die Arbeit der SOG. Ihm folgte im Februar 2020 Manuel Sarrazin MdB, von Bündnis90/Die Grünen, als Präsident, welcher seit 2022 als Sondergesandter der Bundesregierung für die Länder des Westlichen Balkans tätig ist.

Zur Vor- und Gründungsgeschichte der SOG
Ausschnitt eines Artikels des Journalisten Michael Martens über die Vergangenheit Rudolf Vogels/ Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 10. Februar 2013
Ausschnitt eines Artikels des Journalisten Michael Martens über die Vergangenheit Rudolf Vogels/ Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 10. Februar 2013

2012, zum 60-jährigen Jubiläum der Südosteuropa-Gesellschaft, richtete das Präsidium eine aus Historiker*innen bestehende Arbeitsgruppe zur Geschichte der SOG ein, die sich mit der Aufarbeitung der eigenen institutionellen Geschichte befassen sollte. Die Frage nach der Vorgeschichte der SOG während des Nationalsozialismus sowie nach den personellen und den “ideologischen” Kontinuitäten (und Brüchen) in der Zeit der frühen Bundesrepublik erhielt allerdings schon bald unerwartete Virulenz.

Bis einschließlich 2012 hatte nämlich die SOG ihren Journalistenpreis als „Rudolf-Vogel-Medaille“ verliehen. Der Preisträger des Journalistenpreises 2013, Dr. Andreas Ernst, machte nach eigenen Recherchen die SOG auf die problematische Biographie des früheren Präsidenten und Namensgebers Rudolf Vogel aufmerksam und lehnte eine Entgegennahme des Preises unter diesem Namen ab. Der Name des Journalistenpreises wurde im Lichte diese Erkenntnisse geändert und Ernst nahm im Februar 2013 die Auszeichnung unter neuem Namen entgegen. In einer Reihe von Artikeln des FAZ-Journalisten Michael Martens offenbarte dieser Details zur Biographie Vogels. Sie zeigten Vogel – entgegen der von ihm selbst nach 1945 behaupteten angeblichen Distanz zum Nationalsozialismus – als einen von keinerlei erkennbaren Zweifeln befallenen Mitläufer und journalistischen Propagandisten des NS-Systems.

In der Folge beschloss das SOG-Präsidium eine Reihe von Initiativen, um offenen Fragen zur eigenen Institutionen-Geschichte näher zu kommen: 

  • Am 16./17. Dezember 2013 fand in München ein Symposion zur „Vor- und Gründungsgeschichte der Südosteuropa-Gesellschaft: Kritische Fragen zu Kontexten und Kontinuitäten“ statt. (Bericht
  • Das Archiv der Südosteuropa-Gesellschaft wurde archivarisch aufgearbeitet und dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv zur öffentlichen Nutzung übergeben. Es steht der Forschung damit – derzeit für die Zeit bis Mitte der 1970er Jahre – zur Einsicht und Nutzung offen.
  • Ein erstes Forschungsprojekt wurde mit Robert Pechs Dissertationsprojekt „Fritz Valjavec und die Entwicklung der deutschen Südosteuropaforschung“ auf den Weg gebracht. Weitere studentische Qualifikationsarbeiten sowie, nach Möglichkeit, auch Forschungsvorhaben zur Geschichte der SOG sollen angeregt und eingeworben werden. Kolleg*innen bleiben aufgefordert, durch die Anregung von Qualifikationsarbeiten Forschungslücken zur Geschichte der Südosteuropa-Forschung und der SOG zu schließen.
  • Die lange Zeit einzige monographische Forschungsarbeit, die sich in systematischerer Weise mit der Geschichte der Südosteuropa-Historiographie und dabei auch der SOG beschäftigt – eine ungedruckt gebliebene Hannoveraner Magisterarbeit von Dorothea Willkomm aus dem Jahr 1979 – soll nach Bearbeitung und mit einem Vorwort neu abgedruckt werden.
  • Mittlerweile hat auch Wolfgang Höpken eine Monographie zum Thema vorgelegt: Darin beschreibt er am Beispiel von Franz Ronneberger die Verstrickung der deutschen Südostforschung im Zweiten Weltkrieg und Kontinuitätslinien in der Bundesrepublik.
  • In den Südosteuropa Mitteilungen erscheinen Artikel über neue Forschungsergebnisse und Einsichten in die Thematik, welche institutionellen und personellen Spuren aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs nachgehen sowie die Geschichte der Südosteuropa-Forschung und ihrer Institutionen im Übergang vom Nationalsozialismus zur frühen Bundesrepublik bilanzieren.

Beiträge zur Vor- und Gründungsgeschichte der Südosteuropa-Gesellschaft