30 Jahre nach Beginn des Krieges: Eine Zeitenwende auch für Bosnien-Herzegowina?
Am 6. April 2022 jährt sich zum 30. Mal der Ausbruch des Bosnienkrieges. Der grausame Angriffskrieg auf das multiethnische Bosnien und Herzegowina, in dessen Verlauf unzählige Kriegsverbrechen bis hin zum Völkermord von Srebrenica begangen wurden, hat tiefe und bleibende Spuren in der Geschichte Europas hinterlassen. 30 Jahre später ist die Realität in Bosnien und Herzegowina noch weit von Idealvorstellungen einer zivilen und rechtsstaatlich verfassten Gesellschaft entfernt, die Bürger*innen, unabhängig von ethnischer, religiöser oder sonstiger Zuordnung und Zuschreibung, gleiche Bürger- und Beteiligungsrechte garantiert. Die Politik Bosnien und Herzegowinas wird heute von denselben Interessen und Ideologien dominiert, die vor drei Jahrzehnten zum Krieg führten: ethnonationalistische Eliten, die ihre eigene Machtsicherung mit einer Politik der Angst und der kollektiven Schuldzuweisung gegenüber der jeweils „anderen“ ethnischen Gruppe vorantreiben.
Bis heute wird die Region immer wieder ignoriert, wenn ohne Erwähnung der Balkan-Kriege die Rede davon ist, dass Europa seit dem zweiten Weltkrieg in Frieden gelebt habe. Ebenso notorisch ist das Ausblenden der Gefahren, die ein weiter destabilisiertes Bosnien und Herzegowina bedeuten. So arbeitet vor allem Milorad Dodik, Vorsitzender der größten bosnisch-serbischen Partei, mit Rückendeckung durch Serbien und Russland seit Jahren an einer weiteren Aufspaltung des Staates Bosnien und Herzegowina.
Angesichts des aktuellen Angriffskrieges auf die Ukraine stellt sich nun darüber hinaus die Frage nach den Auswirkungen für Bosnien und Herzegowina. Die Einschätzungen gehen auseinander: Hat die von der Bundesregierung ausgerufene "Zeitenwende" auch das Potenzial, ein positiver Wendepunkt für Bosnien und Herzegowina zu sein? Oder überwiegen Prognosen wie die der früheren Hohen Repräsentanten Christian Schwarz-Schilling und Valentin Inzko, die vor einer Ausweitung des Krieges auf den Westbalkan warnen?
Vor diesem Hintergrund möchte die Heinrich-Böll-Stiftung gemeinsam mit der Südosteuropa-Gesellschaft am Jahrestag des Kriegsbeginns durch ein „Bosnien-Forum“ die Aufmerksamkeit auf den möglichen Wendepunkt in Bosnien lenken. Dabei sollen vor allem diejenigen Teile der Gesellschaft gehört werden, die an einer Überwindung ethnonationalistischer Deutungsmuster arbeiten. Wir laden daher bosnische Gäste aus Zivilgesellschaft und Politik nach Berlin ein, um anhand ihrer Einschätzungen zu diskutieren, wo sie Zukunftschancen, Sicherheitsrisiken und aktuelle Prioritäten für die Region sehen. Im Rahmen des Forums haben sie die Gelegenheit, mit Vertreter*innen aus Regierung, Parlament, Medien und Wissenschaft in Deutschland ins Gespräch zu kommen und ihre bosnische Perspektive in den Austausch mit der deutschen und europäischen Bosnien-Politik einzubringen.
Anmeldung
Die Anmeldung zur Veranstaltung erfolgt zur Online-Teilnahme. Bei Interesse können ggf. noch begrenzte Präsenzplätze angeboten werden. Für die Anmeldung (Link oben rechts) werden Sie zur Heinrich-Böll-Stiftung weitergeleitet.
Information
Katja Giebel
Referat Ost- Südosteuropa
Heinrich-Böll-Stiftung Berlin
E-Mail: giebel@boell.de
Am 06.04.2022, 14:00 h
Venue: Heinrich-Böll-Stiftung, Bundesstiftung Berlin / Online
In Kooperation mit:
Heinrich-Böll-Stiftung